Sehr geehrter Herr Kempen,
auf Ihren Antrag vom 1. Juni 2022 ergeht folgende Entscheidung:
1. Ihr Antrag wird abgelehnt.
2. Für die Bearbeitung Ihres Antrags werden Gebühren erhoben.
Begründung:
Zu 1.:
In Ihrem Antrag bitten Sie um Übersendung
a) "sämtlicher Unterlagen (insbesondere juristische bzw. anwaltliche Korrespondenz) aus den Disziplinarverfahren zu den drei Beamten der Polizei Baden-Württemberg, die nachweislich Mitglied des deutschen Ablegers des Ku-Ku-Klans waren - darunter der Dienstvorgesetzte der durch den NSU ermordeten Michèle Kiesewetter"
sowie um Übersendung
b) "sämtlicher weiteren vorhanden Unterlagen zu dem Fall (z.B. Protokolle über erfolgte Gefährderansprachen, interne Korrespondenz von untergeordneten Behörden, Untersuchungsberichte etc.)"
Der Zugang zu amtlichen Informationen richtet sich in Baden-Württemberg nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG). Zweck dieses Gesetzes ist es, unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten und sonstiger berechtigter Interessen, durch ein umfassendes Informationsrecht den freien Zugang zu amtlichen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten, um die Transparenz der Verwaltung zu vergrößern und damit die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern. Antragsberechtigte haben nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den informationspflichtigen Stellen einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, soweit diese dem Anwendungsbereich gemäß § 2 LIFG unterliegen, die Stelle verfügungsbefugt im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 LIFG ist und dem Informationszugang keine Ausschlussgründe nach §§ 4, 5, 6 oder § 9 Absatz 3 LIFG entgegenstehen.
Im Rahmen von Ermittlungen konnte die zeitweise Mitgliedschaft von zwei baden-württembergischen Polizeibeamten im Ku-Klux-Klan festgestellt werden. Die Mitgliedschaft weiterer Polizeibeamter im Ku-Klux-Klan konnte weder zum Zeitpunkt nach Bekanntwerden des Sachverhalts noch durch die intensiven Strukturermittlungen der im Jahr 2013 vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg eingesetzten Ermittlungsgruppe, die die Bezüge des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zu Baden-Württemberg untersuchte, bestätigt werden.
Zu a)
Die Disziplinarverfahren wurden seinerzeit durch die jeweiligen Dienststellen der beiden Polizeibeamten bearbeitet. Die Disziplinarakten liegen dem Ministerium des Innern, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg nicht vor. Ergänzend teilen wir Ihnen mit, dass die Disziplinarakten bei den Polizeipräsidien bereits im Rahmen der gesetzlichen Löschfristen gelöscht wurden.
In Bezug auf die dem Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen vorliegenden Disziplinarverfügungen und einzelnen Schriftstücke, die Bestandteil der Disziplinarakten gewesen sind, verweisen wir auf die im Nachfolgenden ausgeführten Ablehnungsgründe.
Gemäß § 5 Abs. 1 LIFG ist der Zugang zu personenbezogenen Daten im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zu gewähren, soweit und solange die betroffene Person im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 entsprechend Artikel 7 der Verordnung (EU) 2016/679 eingewilligt hat oder das öffentliche Informationsinteresse an der Bekanntgabe das schutzwürdige Interesse am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Eine Einwilligung der betroffenen Personen liegt aus den unten dargelegten Gründen nicht vor.
Das öffentliche Informationsinteresse überwiegt nach § 5 Abs. 3 LIFG nicht bei personenbezogenen Daten im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis der betroffenen Person im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 in Zusammenhang stehen. Da es ein "Personalaktengeheimnis" im engen Sinne nicht gibt, aber Personalakten nach §§ 83 ff. Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg oder § 3 Absatz 6 Tarifvertrag Länder vertraulich zu behandeln und vor unbefugter Einsicht zu schützen sind, werden diese von § 5 Absatz 3 LIFG geschützt (vgl. DEBUS Informationszugangsrecht Baden-Württemberg § 5 Rdnr. 21, ebenfalls: Gesetzesbegründung LT-Drs. 15/7720, S. 70). Erfasst sind damit Personalakten im materiellen Sinn, also alle Unterlagen einschließlich der in Dateien gespeicherten, die die Beschäftigten betreffen und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen. Die in den Personalakten enthaltenen Unterlagen aus den Disziplinarverfahren der in Rede stehenden Polizeibeamten sind durch § 5 Abs. 3 LIFG geschützt. Insofern ist ihr Antrag auf Übersendung sämtlicher Unterlagen aus den Disziplinverfahren abzulehnen (siehe Drucksache 15/7720), soweit Unterlagen dem Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen vorliegen.
Zu b)
Nach eingehender, intensiver Sichtung der umfangreichen Aktenbestände des Untersuchungsausschusses "Die Aufarbeitung der Kontakte und Aktivitäten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und die Umstände der Ermordung der Polizeibeamtin M. K." sowie des Untersuchungsausschusses "Das Unterstützerumfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und Fortsetzung der Aufarbeitung des Terroranschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A. (Rechtsterrorismus/NSU BW II)" mitsamt der Unterlagen der vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg eingesetzten Ermittlungsgruppe, die die Bezüge des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zu Baden-Württemberg untersuchte mit einem angefallenen Arbeitsaufwand von über 140 Stunden zur Prüfung der Vorlage "sämtlicher weiteren vorhanden Unterlagen zu dem Fall [...]" ist eine Übermittlung der vorhandenen Dokumente, die den Gegenstand der Anfrage betreffen, aus den nachfolgenden Gründen abzulehnen.
Das LIFG gilt gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 LIFG nicht gegenüber dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV). Der Gesetzgeber trägt damit dem Geheimhaltungsbedarf der Tätigkeiten des Landesamts für Verfassungsschutz Rechnung. Eine Vorlage der dem Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen vorliegenden Dokumente des LfV ist abzulehnen, da diese vom Anwendungsbereich des LIFG nicht umfasst sind. Zudem bestünde hinsichtlich der Dokumente des LfV sowie von Dokumenten, welche Erkenntnisse des LfV enthalten, keine eigene Verfügungsbefugnis im Sinne des § 7 Abs. 1 LIFG. Die Verfügungsbefugnis hat jedenfalls der Urheber der Information inne, bei Informationen, die die informationspflichtige Stelle von Dritten erhalten hat, ist maßgeblich, ob sie ein eigenes Verfügungsrecht erhalten hat. Ein solches ist vorliegend nicht ersichtlich.
Darüber hinaus wird im Hinblick auf Erkenntnisse, die dem Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde über das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg vorliegen, ebenfalls auf die Nichtanwendbarkeit des LIFG hingewiesen, die sich aus § 2 Abs. 3 Nr. 1 LIFG in Verbindung mit § 35 Landessicherheitsüberprüfungsgesetz und § 1 Nr. 1 Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung (SÜVO) ergibt, da dieses Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wahrnimmt.
Das LIFG gilt gemäß § 2 Abs. 1 LIFG für die Stellen des Landes, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Strafverfolgungsbehörden sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 LIFG vom Anwendungsbereich des LIFG ausgenommen, soweit sie keine öffentlichen Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Der Begriff der Strafverfolgungsbehörden ist dabei funktional zu verstehen und umfasst das repressive Handeln der Polizei (vgl. DEBUS Informationszugangsrecht § 2 Rdnr. 51 m. w. N.). Insofern ist die Herausgabe derjenigen Dokumente, die strafrechtliche Ermittlungsverfahren betreffen - darunter derjenigen, die ausschlaggebend für genannten Ermittlungen des LKA BW waren - ebenfalls abzulehnen.
Darüber hinaus obliegt die Verfügungsbefugnis über die seinerzeit an die im Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg angesiedelte Koordinierungsstelle Untersuchungsausschuss NSU lediglich zur Kenntnisnahme übermittelten Sitzungsprotokolle des Untersuchungsausschuss NSU I sowie der Dokumente im Zusammenhang mit der Vorladung und Vernehmung der Zeugen dem Untersuchungsausschuss des Landtags. Insofern erlauben wir uns mit Verweis auf § 7 Abs. 1 LIFG, an den Landtag Baden-Württemberg als Urheber der Dokumente zu verweisen.
Gemäß § 4 Abs. 2 LIFG bleiben die durch Rechtsvorschriften und die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen vom 20. Dezember 2004 - Az.: 5-0214.3/77 (GABl. 2005 S. 218), die durch Verwaltungsvorschrift vom 1. Dezember 2011 - Az.: 4- 0214.3/77 (GABl. S. 566) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geregelten Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflichten sowie die Berufs- und besonderen Amtsgeheimnisse unberührt. Der Anspruch nach dem LIFG umfasst damit nicht Informationen ab der Einstufung "Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch". Die Übersendung der dem Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen unter anderem im Zusammenhang mit den Untersuchungsausschüssen "Die Aufarbeitung der Kontakte und Aktivitäten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und die Umstände der Ermordung der Polizeibeamtin M. K." sowie "Das Unterstützerumfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und Fortsetzung der Aufklärungsarbeit des Terroranschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A. (Rechtsterrorismus/NSU BW II)" vorliegenden und als Verschlusssache (VS) eingestuften Dokumente ist daher ebenfalls abzulehnen.
Eine Vorlage der vorhandenen Dokumente bzw. Inhalte, die nicht bereits aus den vorgenannten Gründen abgelehnt wurden, ist hier überdies aus den nachfolgenden Gründen abzulehnen.
Ihr Antrag zu b) bezieht sich über die Disziplinar- und Personalakten hinaus explizit auf die weitere Übermittlung von Dokumenten bzw. Informationen zu bzw. im Zusammenhang mit den betroffenen Personen. Gemäß § 5 Abs. 1 LIFG ist der Zugang zu personenbezogenen Daten im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zu gewähren, soweit und solange die betroffene Person im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 entsprechend Artikel 7 der Verordnung (EU) 2016/679 eingewilligt hat oder das öffentliche Informationsinteresse an der Bekanntgabe das schutzwürdige Interesse am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Kategorien für Abwägungskriterien werden durch § 5 Abs. 1 LIFG nicht getroffen, je sensibler die personenbezogenen Daten sind, desto eher überwiegt das Schutzbedürfnis der Betroffenen (vgl. LT-Drucksache 15/7720 S. 79).
Personenbezogene Daten umfassen dabei sowohl Einzelangaben über persönliche als auch sachliche Verhältnisse (vgl. DEBUS Informationszugangsrecht § 5 Rdnr. 6), hier die Mitgliedschaft von zwei Personen im Ku-Klux-Klan sowie die damit einhergehenden Erkenntnisse, die u. a. im Rahmen der Ermittlungen des LKA BW bekannt wurden. Da es vorliegend konkret um zwei Personen geht, ist es nicht auszuschließen, dass diese Personen auch ohne Übermittlung von Namen aufgrund der in den Unterlagen genannten Informationen z. B. zu persönlichen Verhältnissen bestimmbar wären, d. h. mit einem vertretbaren Aufwand identifiziert werden könnten.
§ 8 Abs. 1 LIFG sieht vor, dass sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine betroffene Person ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann, die informationspflichtige Stelle ihr schriftlich oder elektronisch Gelegenheit zur Stellungnahme und Erteilung ihrer Einwilligung in den Informationszugang innerhalb eines Monats zu geben hat.
Dieser Verfahrenspflicht kann im vorliegenden Fall durch die informationspflichtige Stelle nicht nachgekommen werden, da eine Einbindung und Einwilligung der betroffenen Personen zu den konkret zu übermittelnden Dokumenten sowie Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats innerhalb der gemäß § 7 Abs. 7 LIFG vorgesehenen Bearbeitungsfrist von maximal drei Monaten in diesem Fall aufgrund des umfangreichen Datenmaterials nach erfolgter Sichtung und Prüfung faktisch nicht möglich ist. Der Antragsgegenstand zu b) bzw. die hier vorliegenden Dokumente können überdies hinsichtlich der beiden Betroffenen nicht voneinander getrennt werden, sodass für eine Vorlage nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 LIFG eine Einwilligung beider Betroffenen erforderlich wäre.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 3 LIFG soll eine Anhörung unterbleiben, wenn die betroffene Person sich offensichtlich nicht rechtzeitig äußern kann. Dies ist im Falle einer Person, welche sich nicht mehr in Dienst der Polizei Baden-Württemberg befindet gegeben, da diese nicht bzw. nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Eine Adresse oder Kontaktdaten sind nicht bekannt und müssten erst ermittelt werden. In diesem Fall ist gemäß § 5 Abs. 1 Alternative 2 LIFG eine Abwägung über den Informationszugang zu treffen. Danach sind die Dokumente an den Antragssteller vorzulegen insofern das öffentliche Informationsinteresse an der Bekanntgabe das schutzwürdige Interesse am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nur im "überwiegenden Allgemeininteresse" eingeschränkt werden (vgl. BVerfGE 84, 239 (279 f.); 34, 238 (245 f.). Eine derartige Bedeutung kommt dem Auskunftsanspruch nach dem LIFG nach der Gesetzesbegründung und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht grundsätzlich zu. Vielmehr genießt der Schutz personenbezogener Informationen im Zweifelsfall Vorrang vor dem Auskunftsanspruch, es sei denn, dass das Interesse an der Bekanntgabe im Einzelfall überwiegt (vgl. DEBUS Informationszugangsrecht § 5 Rdnr. 18, BVerwG 7 C 24.15 Urteil v. 29.06.2017 Rdnr. 27). Dieses ist insbesondere dann für Angaben abzulehnen, welche der Betroffene in einem behördlichen Verfahren machen musste, sei es wegen einer gesetzlichen Verpflichtung oder um sich zu verteidigen. Zudem besteht die Grenze dann, wenn dem Betroffenen durch die Offenbarung ein Persönlichkeitsschaden droht, der außer Verhältnis zum Informationsinteresse der Allgemeinheit steht. Dies ist dann der Fall, wenn die Veröffentlichung eine Belastung darstellt bzw. eine "stigmatisierende Wirkung" aufweist (vgl. BVerwG vom 29.06.2017 Rdnr. 42), Dies wäre bei einer Veröffentlichung der personenbezogenen Daten und Verhältnisse jedenfalls der Fall.
Ihr Antrag beinhaltet keine weiteren Ausführungen, die ein solches Informationsinteresse begründen könnten. Der Sachverhalt um die beiden Polizeibeamten als Mitglieder im Ku-Klux-Klan wurde im Rahmen der Untersuchungsausschüsse "Die Aufarbeitung der Kontakte und Aktivitäten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und die Umstände der Ermordung der Polizeibeamtin M. K." sowie "Das Unterstützerumfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und Fortsetzung der Aufklärungsarbeit des Terroranschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A. (Rechtsterrorismus/NSU BW II)" sowie der Ermittlungen des LKA BW umfassend aufgearbeitet. Überdies ist eine der betroffenen Personen weiterhin Polizeibeamter der Landespolizei Baden-Württemberg. Insofern ist die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten des Betroffenen ebenfalls in die Abwägung einzubeziehen. Nach Würdigung der Umstände des Einzelfalls unter besonderer Betrachtung des Informationsanspruchs des LIFG überwiegt das schutzwürdige Interesse der beiden betroffenen Personen am Ausschluss des Informationszugangs, weshalb eine Vorlage der betreffenden Dokumente abzulehnen ist. Eine solche würde ansonsten zu einer Offenlegung insbesondere des dienstlichen Werdegangs der Betroffenen, des jeweiligen Verhaltens sowie der Leistungen im Dienst und der Privatsphäre im Dienst sowie auch der privaten Lebensverhältnisse und Gestaltung des Privatlebens bzw. der persönlichen Interessen führen.
Im Übrigen wird die Vorlage von Dokumenten, die besonders geschützte Daten im Sinne des § 5 Abs. 2 LIFG beinhalten, aus denen politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen hervorgehen, ebenfalls abgelehnt, da aus den o. g. Gründen keine ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen vorliegt. Die Unterlagen enthalten auch diese besonderen Kategorien von Daten in Bezug auf die beiden betroffenen Personen.
Eine Herausgabe von Unterlagen die in Rede stehenden Personen betreffend kann nach eingehender Prüfung auch nicht nach Schwärzung personenbezogener Daten erfolgen. Der Antrag bezieht sich durchgehend auf die Erlangung personenbezogener Daten und kann daher durch die Herausgabe geschwärzter Unterlagen nicht erfüllt werden. Denn über die betroffenen Personen sind im Internet zahlreiche personenbezogene Daten verfügbar, die eine Identifizierung bei Preisgabe weiterer Sachverhalte sehr wahrscheinlich machen. Des Weiteren gebietet gemäß § 4 Absatz 2 Satz 1 2. Alternative LIFG das Personalaktenrecht die Geheimhaltung personalrechtlich relevanter Sachverhalte auch im öffentlichen Interesse. Zwar kann das öffentliche Interesse nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts a.a.O. grundsätzlich durch die Einwilligung überwunden werden; im vorliegenden Fall trifft dies jedoch - wie erläutert - nicht zu.
Ergänzend verweisen wir auf die auf der Internetseite des Landtags von Baden-Württemberg veröffentlichten Drucksachen zur Thematik Ku-Klux-Klan - insbesondere auf die Drucksache 15/2233, Drucksache 15/6049 sowie Drucksache 15/6710, welche öffentlich im Internet einsehbar sind. Soweit angefragte Informationen in diesen Drucksachen ganz oder auszugsweise enthalten sind, war eine Herausgabe abzulehnen, vgl. § 9 Abs. 3 Nr. 5 LIFG.
Aus den presserechtlichen Vorschriften ergibt sich ebenfalls kein Übersendungsanspruch der von Ihnen angefragten Unterlagen. Die bezüglich der Ablehnungsgründe ausgeführte Argumentation schließt über § 4 Absatz 2 Nummern 2 und 3 Landespressegesetz Baden-Württemberg auch einen Anspruch nach Presserecht aus. Im Übrigen ergäbe sich aus § 4 Absatz 1 Landespressegesetz kein Herausgabe-, sondern lediglich ein Auskunftsanspruch.
Darüber hinaus sind das ergänzend von Ihnen als Anspruchsgrundlage benannte Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG), das ebenfalls benannte Umweltverwaltungsgesetz (UVwG) und das Umweltinformationsgesetzes des Bundes (UIG) im Falle der angefragten Informationen nicht einschlägig, da es sich dabei weder um Verbraucherinformationen noch um Umweltinformationen im Sinne der jeweiligen Gesetze handelt.
Gemäß § 9 Abs. 2 LIFG wird mitgeteilt, dass der Informationszugang bezüglich der angefragten Dokumente auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht möglich ist.
Zu 2.:
Über die beabsichtigte Festsetzung der Gebühr in Höhe von 500 Euro wurden Sie mit E-Mail vom 27. Juni 2022 in Kenntnis gesetzt. Diese Gebührenentscheidung würde auf gemäß § 10 Abs. 1 LIFG und § 4 Abs. 2 Landesgebührengesetz (LGebG) in Verbindung mit § 1 Gebührenverordnung Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen und Nr. 1.1 Gebührenverzeichnis (Anlage der Gebührenverordnung Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen) beruhen. Nach Nr. 1.1 Gebührenverzeichnis beträgt die Gebühr für die Ablehnung eines Antrags die Höhe von 1/10 bis zum vollen Betrag der für die Erbringung der öffentlichen Leistung zu erhebenden Gebühr, mindestens 10 Euro.
Für die konkrete Bemessung der Gebührenhöhe ist maßgeblich insbesondere der zeitliche Aufwand der Beschäftigten unter Berücksichtigung der wirksamen Inanspruchnahme des Rechts auf Informationszugang und des aufgezeigten Gebührenrahmens. Der zeitliche Aufwand für die Bearbeitung des Antrags - insbesondere der umfangreichen Recherchen in den Akten zur Vorlage an die Untersuchungsausschüsse NSU I und NSU II und umfassenden Prüfung der Dokumente - betrug bislang insgesamt rund 140 Stunden. Die Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums über die Berücksichtigung der Verwaltungskosten insbesondere bei der Festsetzung von Gebühren und sonstigen Entgelten für die Inanspruchnahme der Landesverwaltung (VwV-Kostenfestlegung) würde hierfür eine Gebühr in Höhe von 9.460 Euro an Personalkosten sowie 519,20 Euro an Sachkosten angesetzt werden.
Unter besonderer Berücksichtigung des Rechts auf Informationszugang, welches nicht durch die Erhebung von Gebühren übermäßig beeinträchtigt werden soll (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 2 LIFG), wurde aufgrund des mit der Bearbeitung des vorliegenden Antrags angefallenen Arbeitsaufwands die Gebühr nach Nr. 1.1 auf den in Nr. 20.3.2 Gebührenverzeichnis aufgeführten maximalen Rahmen (200,01 Euro bis 500,00 Euro) auf 500,00 Euro angesetzt.
Wir bitten Sie, die Gebühr unter Nennung des Verwendungszwecks an das folgende Konto der Landesoberkasse Baden-Württemberg zu überweisen:
IBAN: DE02 6005 0101 7495 5301 02
BIC: SOLADEST600
Verwendungszweck: 2210128418789.
Der Verwendungszweck ist unbedingt anzugeben, andernfalls kann die Zahlung nicht zuordnet werden.
Die Gebühr ist gemäß § 18 Landesgebührengesetz (LGebG) ab Zugang dieses Bescheids fällig. Wir weisen darauf hin, dass gemäß § 20 LGebG Säumniszuschläge erhoben werden können, wenn die Gebühr nicht innerhalb eines Monats nach Fälligkeit entrichtet wird.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart, Augustenstraße 5, 70178 Stuttgart, erhoben werden.
Mit freundlichen Grüßen,
"Auf die Erhebung einer Gebühr wird im Falle einer ablehnenden Entscheidung nach Sinn und Zweck des LIFG verzichtet, vgl. § 10 Absatz 3 Satz 2 LIFG."
anstatt nur zu schreiben, dass die Gebuehrenentscheidung (=dass keine Kosten erhoben werden) auf den entsprechenden (uneindeutigen) Gesetzesgrundlagen beruht...
hier die Links:
https://fragdenstaat.de/anfrage/belege-…
https://fragdenstaat.de/anfrage/anfrage…
frueher hat das IM also auch eure Rechtsauffassung vertreten... keine Ahnung wie die Klage gerade aussieht, vielleicht hilfts ja weiter!
LG Jannis (aus dem ehrenamtlichen Legal-Team)