Newsletter vom 3. September 2023

Ohren, Nase, Genital: Das sind die Schmerzgriff-Anweisungen der Polizei

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Hallo!
 

Schmerzgriffe sind hoch umstritten und dennoch wenden Polizist*innen sie fast täglich an. Dabei verstößt ihre Praxis gegen die Menschenwürde und das Folterverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention, so schätzen Rechtswissenschaftler*innen es ein.


Wann genau kommen Schmerzgriffe zum Einsatz? Welche Techniken verwenden Polizist*innen in welcher Situation? Wir wollten von der Berliner Polizei wissen, wie sie ihre Mitarbeitende schulen. Also haben wir Vorgaben und Empfehlungen zum Einsatz von Schmerzgriffen angefragt.


Bekommen haben wir eine Ablehnung. Erste Schulungsunterlagen, die uns zugespielt wurden, veröffentlichen wir jetzt trotzdem – und klagen für noch mehr Transparenz.

 

Gezielt möglichst starke Schmerzen verursachen

Die von uns veröffentlichten internen Schulungsunterlagen hätte die Berliner Polizei lieber geheim gehalten. Sie zeigen Techniken, die gezielt möglichst starke Schmerzen verursachen sollen.


Das uns vorliegende Handbuch zum Einsatztraining, das von 2005 bis 2020 genutzt wurde, zeigt zum Beispiel Anwendungen an den sogenannten „Schmerzpunkten“:  Polizist*innen sollen gezielt Ohren, Nase, Kiefer oder den  Genitalbereich angreifen. Bilder gibt es auch dazu.


Anweisungen, wann Schmerzgriffe überhaupt zum Einsatz kommen dürfen und welche Folgen sie für das Gegenüber haben, finden sich in den geleakten Seiten der Trainingsmaterialien nicht. Dabei können die Folgen für die Betroffenen zum Teil erheblich sein: Expert*innen warnen vor nicht abschätzbaren extremen Schmerzen oder auch langfristig anhaltenden Nervenschäden.


„Von Polizeibeamt*innen wird der Einsatz von Schmerzgriffen hingegen oft als eher mildes Mittel angesehen, weil die Schmerzgriffe selten sichtbare physische Verletzungen hinterlassen“, erklärt Tobias Singelnstein, Professor für Kriminologie und Strafrecht an der Goethe-Universität Frankfurt. Er warnt davor, dass Gewalt und  Schmerzen als Bestandteil von Polizeiarbeit normalisiert werden.


Wir müssen öffentlich über Schmerzgriffe der Polizei diskutieren. Doch dafür brauchen wir eine Grundlage. Daher kämpfen wir weiter vor Gericht, um auch die aktuellen Schulungsunterlagen veröffentlichen zu können.

Jetzt für Klage spenden!

Beste Grüße aus Berlin
Judith und das gesamte FragDenStaat-Team

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