Zugang zu InformationenBundesverwaltungsgericht legt die Axt ans Informationsfreiheitsgesetz

Anträge an Behörden sind über FragDenStaat eigentlich anonym möglich. Nach diesem Prinzip funktionierte unsere Plattform 13 Jahre lang. Das Bundesverwaltungsgericht schafft diese liberale Grundlage in einem skandalösen Urteil ab. Jetzt muss der Gesetzgeber ran!

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Seit vielen Jahren beschneidet das konservative Bundesverwaltungsgericht Urteil um Urteil die Reichweite des Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Jetzt kommt ein neues Urteil der Intransparenz-Fans aus Leipzig hinzu: Das Gericht entschied heute, dass anonyme Anträge nach dem IFG unzulässig sind. Behörden können jetzt grundsätzlich bei jedem Antrag nicht nur Name und Postadresse von Anstragsteller*innen verlangen, sondern ihnen Antworten auch per Post zusenden.

Damit entfernt das höchste Verwaltungsgericht einen Grundpfeiler des Informationszugangs: Die Plattform FragDenStaat.de basiert auf der Annahme, dass Behörden Anfragen schnell und per E-Mail beantworten müssen. Der für Datenschutz (!) zuständige Senat im Gericht hält es für erforderlich, dass Antragsteller*innen ihre Daten herausgeben müssen, wenn sie Informationen von staatlichen Stellen erhalten wollen. Damit hebt das Gericht ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster auf, das eine generelle Erhebung der Postadresse noch verboten hatte.

Die Analogisierung der Verwaltung

Das Urteil mutet an wie aus der Zeit gefallen. Während allerorts über die Digitalisierung der Verwaltung gesprochen wird, erlaubt das Gericht es Behörden, selbstständig zu entscheiden, wie sie mit Antragsteller*innen kommunizieren wollen. Selbst wenn es Behörden über FragDenStaat einfach möglich ist, per E-Mail zu antworten, müssen es Menschen laut Pressemitteilung des Gerichts „hinnehmen“, dass „die Behörde trotz eines eröffneten elektronischen Zugangs mit ihm auf dem Postweg kommuniziert.“

Die neue Regelung dürfte zahlreiche Menschen davon abschrecken, Anfragen an Behörden zu richten. Gerade marginalisierte Gruppen möchten verständlicherweise nicht für Anfragen nach Informationen ihre privaten Adressen herausgeben. Das Gericht ignoriert dies komplett.

FragDenStaat ausgeschlossen

Im konkret verhandelten Fall geht es um eine Klage des Bundesinnenministeriums gegen den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Die beiden Behörden stritten sich um den Umgang mit Anfragen über FragDenStaat. Das Ministerium bekämpft seit vielen Jahren unsere Plattform und weigert sich, darüber zu antworten, während der Bundesbeauftragte durchsetzen wollte, dass Behörden weniger Daten von Antragsteller*innen erheben.

Dabei ging es ursprünglich um zwei parallele Verfahren, zu denen wir ebenfalls beigeladen werden sollten. Das Oberverwaltungsgericht schloss FragDenStaat aber auf perfide Weise aus dem Verfahren aus: Erst wurden wir nur zu einem der beiden Verfahren zugelassen, zu dem anderen nicht, da es inhaltsgleich sei. Dann wurde nur das Verfahren zur Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, zu dem wir nicht beigeladen waren. So wurden wir aus dem weiteren Verfahren als Beigeladene ausgeschlossen.

Jetzt endlich Transparenzgesetz

Die wiederholt transparenzfeindlichen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts müssen ein Weckruf für den Gesetzgeber sein, endlich ein Transparenzgesetz zu schaffen, das seinen Namen verdient. Die Ampel-Koalition verspricht seit Jahren einen Gesetzentwurf, der dieses Jahr endlich kommen soll. Er muss sicherstellen, dass Anträge auf Informationen auch pseudonym möglich sind.

Wir werden in den kommenden Wochen nach Veröffentlichung der Urteilsgründe unser weiteres Vorgehen planen. Unser Ziel ist es sicherzustellen, dass der Zugang zu Informationen allen Menschen zugute kommt. Dazu werden wir unsere Plattform erweitern und, wo möglich, klagen.

zur Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts

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